Vorgetäuscht

Wer sich viel online herumtreibt, findet ab und zu auch etwas. Quasi virtuelles Strandgut beim Surfen…

So stieß ich heute auf Amy Cuddy und ihren Vortrag bei TED Global 2012. Amy Cuddy ist Sozialpsychologin. Sie unterrichtet an der Harvard Business School.

Ich interessiere mich schon berufsbedingt sehr für das Thema Körpersprache, denn als Zauberin muss man Menschen einschätzen können und sich seiner eigenen Wirkung auf der Bühne bzw. beim Auftritt bewusst sein.

Und was sagt Amy dazu?

Amy Cuddy fasst in ihrem Vortrag einige sehr schöne Details über Wirkung durch Körpersprache zusammen. Und sie erklärt dort wunderbar eine Weisheit, die ich auch gern nutze und darum mit dir teilen möchte. Aber beginnen wir vorn.

Körpersprache ist – wie es bereits im Wort steckt – eine Sprache, es ist nonverbale Kommunikation. Unsere Haltung, unser Auftreten bestimmt, wie andere über uns denken und wie gut sie uns verstehen.

In ihrer Rede geht Amy auf die nonverbalen Ausdrücke von Macht und Dominanz ein. Es dürfte niemanden überraschen, dass Alphamenschen in der Regel auch eine machtvolle, dominante Körpersprache haben. Sie machen ausladende, raumfüllende Bewegungen. Weniger dominante Menschen haben dagegen eine eher eingefallen wirkende Körpersprache.

Interessant ist jedoch, dass man als wenig dominanter Mensch schummeln und sich selbstbewusster und dominanter machen kann – nur, indem man machtvolle Körpersprache “spielt”.

Viele kennen sicher schon den Trick gegen schechte Laune. dass man eine Minute lang ein breites falsches Grinsen aufsetzen soll. Durch die Aktivierung der Lächelmuskeln glaubt unser Gehirn, dass wir wohl einen Grund zum Lächeln haben müssen und unsere Stimmung hebt sich. Amy Cuddy erklärt es im Video mit einem Bleistift, den man zwischen die Zähne klemmt und dadurch fröhlicher wird.

Sie hat diesen Effekt mit dominanter Körperhaltung untersucht, um herauszufinden, ob man sich dadurch auch selbst überlisten und zumindest für eine kurze Zeit vom schüchternen Mäuschen zum selbstbewussten Gorilla werden kann. Also: Führt es dazu, dass man sich mächtig fühlt, wenn man sich machtvoll bewegt? Kann unser Körper unser Bewusstsein, unsere Gedanken und Gefühle verändern? 

Amy Cuddy hat hierzu ein Experiment gemacht und konnte es zumindest im Labor nachweisen. Es funktioniert tatsächlich.

Zumindest für eine begrenzte Zeit sorgt das Einnehmen einer machtvollen Körperhaltung dafür, dass man sich auch so fühlt. Im Labor konnte man dies anhand der Testosteron- und Cortisolwerte messen.

Und wie kann man das als schüchterner oder introvertierter Mensch für sich nutzen?

Amy sagt: “Täuschen Sie es vor!”

Damit meint sie, man solle in einer Situation, die einen aufgrund eigener Unsicherheit zu überfordern droht, vortäuschen, dass man sicher ist. Man soll einfach so tun. Und zwar immer wieder und bei jeder Gelegenheit, die sich bietet. Hast du Angst vor Vorträgen? Dann halte welche und tue so, als wäre es das Normalste der Welt für dich. Sorgst du dich vor einem Vorstellungsgespräch? Dann nimm dir vor dem Gespräch die Zeit, dich innerlich groß zu machen und dir zu sagen, dass du die Stelle verdienst. Amy erklärt dies in ihrem Vortrag an diversen Beispielen.

Irgendwann stellt man dann fest, dass man gar nicht mehr so tut, sondern dass man so geworden ist. Oder um es mit Amy Cuddys Worten zu sagen: “Kleine Modifikationen können zu großen Veränderungen führen.”

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es funktioniert. Wenn ich auf der Bühne kleine Gesten mache und nur nach unten schaue, werde ich vom Publikum völlig anders wahrgenommen, als wenn ich den Raum nutze, der mir zur Verfügung steht und entsprechend große Gesten mache und ins Publikum schaue. Und wenn ich mal aufgeregt bin, dann täusche ich vor, es genau nicht zu sein. Und was soll ich sagen: Es funktioniert. Damit hast du ein machtvolles Werkzeug gegen Schüchternheit oder Introvertiertheit.

Den Vortrag von Amy Cuddy kann man auf der TED-Webseite mit deutschen Untertiteln anschauen. Er dauert knapp 20 Minuten. Gut investierte Zeit, wenn man sich für Körpersprache und ihre Wirkung interessiert.

(Foto: Sara Ritter – privat -)

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